2031
Im März waren M. und ich auf der Burg Sooneck. Wir waren von Bingerbrück zu Fuß unterwegs und wollten einen Kaffee trinken, aber da wären wir an dem Tag die ersten gewesen; das Café hatte geschlossen. So kletterten wir auf der Burg herum, schauten vom Söller, bewunderten den rötlichen Fels mit den Miniaturgärtchen und stellten uns schließlich an eine Brüstung, die auf den Steinbruch schaut. Da standen wir, und eine Woge von Lärm schwappte aus der Tiefe hoch und legte sich über Fluß, Burg, Aussicht, alles: Motorengeräusch, das Poltern von Stein und immer wieder das Biep-biep-biep von Fahrzeugen im Rückwärtsgang.
Dort unten ist ein riesengroßer Brocken aus der Landschaft gebissen. Ein ganzer bewaldeter Hügel muß da mal gestanden haben; jetzt ist es eine Kraterlandschaft mit Rampen für den Abtransport des Gesteins, für sich betrachtet schon wieder von einer eigenen Schönheit, aber von hier oben und in der Nachbarschaft des Burggemäuers einfach monströs. Und: laut. M. und ich guckten so lange hinunter, wie wir es aushielten.
Einer der Männer, die auf der Burg arbeiten, trat zu uns. Was für ein Krach, sagten wir. Ja, meinte er, das hört erst 2030 auf. 2031 müßten wir kommen. Da wäre der Abbau stillgelegt, und das Steinbruchgelände würde renaturiert. M. und ich schauten uns an. Schön ist das sowieso schon hier, aber ohne den Lärm wäre es ein Märchenort. Und wenn es dann noch Kaffee gibt …
Nun habe ich also eine Verabredung. Zum Kaffee mit M. Auf der Burg Sooneck im Jahr 2031. Wir werden ihn draußen genießen.